Sie sind also wieder unterwegs. Mit 209 Yachten, die von 209 Spinnakern, Blistern, Parasails und sicherlich auch der einen oder anderen klassischen Passatbesegelung ihren Weg in die Karibik nehmen. Die Atlantic Rally for Cruisers, kurz ARC, ist ein Megaevent auf dem Wasser. Nicht zuletzt, weil jeder Skipper dort ganz für sich entscheiden darf, ob er sie als Flottille oder als Regatta verstehen möchte.
Gran Canaria, der Start der ARC, peilt heute morgen bei 37 Grad. In 2013 Seemeilen Entfernung von der Insel liegen hier im Hamburger Hafen nicht einmal genügend Yachten, um ein vernünftiges Matchrace auf die Beine zu stellen. Und eine Flottille scheint hier Ende November auch niemand mehr so recht im Sinn zu haben.
Kurz sollte der Abstecher an die Landungsbrücken werden, aber sofort gruben sich einige der schon gelichtet geglaubten persönlichen Anker noch einmal fester in den heimatlichen Grund als es geplant war. Das macht nichts, das wird noch öfter so sein. Besser, man gewöhnt sich daran schnell und gründlich. Der Plan steht, die Reise wird allenfalls variiert.
Schon während der Hanseboot Anfang des Monats hatte ich darüber nachgedacht, den Abstecher ins Mittelmeer nicht zu machen. Natürlich sprechen die Wetterbedingungen an Frankreichs Südküste eher für einen Aufenthalt dort unten, als das ununterbrochene Grau über der Elbmetropole. Doch der Hauptgrund, den Weg Richtung Süden über die Kanäle der Niederlande und Belgiens nicht anzutreten, liegt tiefer. Fast zwei Meter tiefer.
Paulinchens Kiel ragt laut Konstruktionswasserlinie gut 1,60 Meter weit nach unten. Doch diese Wasserlinie sieht kein Schiff mit Ausrüstung für eine Weltreise vor. Nachdem ich im Herbst die Wasserlinie noch etwas angehoben habe, dürften 1,70 Meter ein realistischerer Tiefgang sein. Viele Kanäle auf der Strecke sind jedoch großteils mit 1,80 Meter ausgeschrieben. Es gibt auch andere Wege, doch die sind noch weiter, bedeuten noch mehr Schleusen und noch mehr Stunden mit gelegtem Mast unter Motor durch trostlos braun-graue Landschaften im Winter. Zumal mit der Zahl der Schleusen auch die Zahl der möglichen Verzögerungen wächst. Es gibt zwar recht detaillierte Pläne über Schleusensperrungen während der Wintersaison in den Kanälen, doch an stillgelegten Stegen ohne Strom und Wasser einige Wochen zwischen Binnenschiffen festgemacht zu liegen und auf Weiterfahrt zu warten ist keine verlockende Aussicht an kalten Wintertagen. Wenn also schon Grau, dann bitte richtig: Weihnachten auf Helgoland, anschließend Richtung englischer Kanal und im April von Land’s End aus zu den Azoren. Vorher bedeutet das: 800 Meilen von Norddeutschland bis Falmouth und vier Monate Zeit. Auch im Winter klingt das nicht nach allzu viel; trotz kurzer kalter Tage und langer kalter Nächte. Doch mit jeder Meile in Richtung Falmouth rückt auch der Golfstrom näher. Er verspricht weniger kaltes Wetter, dafür aber das südenglandtypische Winter-Wetter aus Regen, Nebel und Wind. Statt des nun eingestellten „Yachtfunkdienst Mittelmeer“ vom BSH dürfte damit der seit neuestem in der Bordbibliothek befindliche „Reeds Channel Almanac 2010“ zum meistgelesenen Buch des Frühjahrs werden. Ich bin gespannt, und über Tipps für die mir fremde Region freue ich mich natürlich immer ganz besonders.