Was mich von jeher am meisten am Amerikanischen Norden faszinierte, war die Geschichte der Besiedelung. Nicht die Geschichte der großen Auswandererströme, die voller Hoffnung in ein neues Leben starteten und rücksichtslos Land von den Ureinwohnern in Besitz nahmen. Vielmehr sind es die kleinen Vorstöße der Pioniere gewesen. Die Berichte von Männern, und manchen Frauen, die aus damals noch dörflichen Siedlungen wie New York aufbrachen, um ins Land vorzudringen. Getrieben von der Frage: „Was kommt dahinter?“
Neidisch blicke ich auf die wenigen Photographien und die vielen heldenhaft ausstaffierten Zeichnungen aus diesen Tagen. „Was kommt dahinter?“ – Diese Frage beantwortet längst Google Earth, sogar in 3D und exakter, als es die Karten dieser Abenteurer jemals gekonnt hätten. Doch ohne diese Reisen hätte es Google Earth wohl nie gegeben.
Segeln war ebenfalls lange Zeit eine für Pioniere reservierte Tätigkeit. Es ging den Routen der Handelsschiffe voraus, die sich krakenhaft über die Weltmeere ausbreiteten. Kleine Fahrten von mutigen Entdeckern auf der Suche. Sie fanden mal absichtlich, oft aus Versehen, neue Länder und kartographierten über Jahrhunderte die Ozeane.
Entdeckungsreisen gibt es längst nicht mehr. Ihnen folgte das Zeitalter persönlicher Entdeckungen. Kleine Boote, auf denen große Träume ihre Erfüllung suchten. Die Ziele hießen Südsee und Karibik. Wollte man damals wissen, wie die Menschen auf Samoa lebten, musste man eben hinfahren. Zu Inseln, die auf kaum verlässlichen Karten verzeichnet waren und irgendwo in einer fernen Welt lagen.
Heute reicht dazu das Notebook. Mit entsprechenden Stichwörtern findet sich die ganze Welt am PC. Bunt, in Filmen,auf Fotos und in niedergeschriebenen Geschichten. Ist die ganze Welt im Wohnzimmer angekommen, lohnt es nicht mehr, 3.000 Meilen zu segeln, nur um zu sehen, wie andere Menschen leben. Was fehlt, ist aber der Geschmack des Abenteuers, der letzte Grund, das Wohnzimmer zu verlassen.
Denn das zweidimensionale Abbild der Welt genügt nicht. Ein Stichwort mehr in die Suchmaske getippt und die Fotos verwandeln sich in Preise. Charteragenturen und Reiseanbieter bieten das Erlebnis live. Inklusive Flug und klimatisierter Achterkajüte. – Um die Welt segelt man heute nicht in 1 x 8 Jahren, sondern in 10 x 30 Tagen. Aufgeteilt in arbeitnehmerfreundliche Häppchen (oder sind es doch eher die Arbeitgeber, die sich darüber freuen sollten?).
Warum also bitte mit dem eigenen Boot aufbrechen? Warum sich einem langen und kalten Winter in einer, in dunklem Mahagoni ausgekleideten, Zigarre von 5×2 Metern aussetzen? Warum monatelang durch schmale Fenster die wenigen Stunden Sonne aufsaugen, mit wenig Licht unter Deck und dafür jeder Menge Kondenswasser in Schapps und Schubladen?
Weil es das Abenteuer ist, das kein Reiseanbieter liefern kann. Das eigene, das selbst gemachte. Dem Leben der ersten Pioniere, der Lords und Kapitäne auf den Ozeanen kommt man so ein wenig näher. Und noch näher möchte man ihnen auch gar nicht kommen. Aber diese Erlebnisse erden, machen Lust auf ein sonst viel zu schnell übersättigtes Leben. Sie reizen die Sinne und wecken die innere Stimme: „Durchhalten, Du bist auf dem richtigen Weg!“
Kommentare
2 Antworten zu „Pioniere“
„Warum also bitte mit dem eigenen Boot aufbrechen?“
…Weil es die ultimative Freiheit und Losgelöstheit ist, welche man unter Führung auf einem fremden Schiff niemals so erfahren kann!
Du machst genau das richtige!
Weiterhin viel Spaß und Erfolg, und vor allen dingen natürlich eine baldige abfahrt!
Beste Grüße nach Hamburg,
Toby
Hallo Hinnerk, wenn’s alles schön verstaust hast, sag bitte bescheid, dann kann ich ja wieder kommen. 😉
Aber wird diesmal leider noch nichts, muss erst noch kurz 2-3 Monate auf die Ostsee, aber danach, wer weiss ?!?!
Gruß