Zeit für eine Weile

Owen Sound, Ontario, Kanada. – Wieder allein an Bord. Fotos sichten, Notizen aufarbeiten, Vorbereitungen für den North Channel treffen.

Die Indian Falls bei Owen Sound in Kanada. - Wasserfall. Foto: Hinnerk Weiler
Indian Falls bei Owen Sound

Wenn man den Locals hier glauben darf, wird es dort oben einsam werden. Ich bin noch immer vor der Saison. In Owen Sound füllt sich die Georgian Shores Marina langsam und jeden Tag kommen ein oder zwei Motorboote mehr ins Wasser. Der Hafen hat Monopolstellung in der Gegend und nutzt das auch ein wenig aus. Fünfzig Dollar am Tag, zehn Dollar für Strom. – Kein Ort für Cruisers zum Entspannen. Im Stadthafen ist es nach wie vor leer. Zehn Doller Overnight Charge schreibt der Revierführer, bisher habe ich noch niemanden gesehen, das das Kassieren wollte.

Der Hafen hat Geschichte: Bei der Besitznahme der Wälder Kanadas war er Endstation für eine Eisenbahnline aus Toronto und von hier aus ging es für die Siedler per schiff weiter in die Wildnis. Heute kommen nur im Winter hin und wieder Dampfer her, um für kleine Renovierungsarbeiten billig festmachen zu können. Ich liege wieder an meiner Leiter, das Fenderbrett hält sie auf Abstand.

Sonnenuntergang über den Georgian Bluffs am Ankerplatz vor White Cloud Island
Das Privileg des Fahrtensegelns: Zeit zu haben

Die vergangene Woche stand im „Zeichen der Zeit“, ganz sprichwörtlich. Hier oben spielt die Uhr keine Rolle, das Handy hat eine Stunde hinter Owen Sound keinen Empfang mehr und Kingas Blackberry ebenso wenig. Der Erste Besuch nach dem langen Aufenthalt in der Schweiz dauerte nur eine Woche und statt großer Segelabenteuer führen kurze Schläge hier zu immer neuen, traumhaften Zielen. Welch ein Privileg, sich als Langzeitsegler das Wetter zum Reisen aussuchen zu können. Wir verbummeln die Tage und haben keinen Grund, ein bestimmtes Ziel anzulaufen. Das erleben gerade auch Andere: In Schweden harrt eine Friendship unter Regenwolken aus, in Grenå wartet eine Varianta 18 auf besseren Wind. Ohne Termine, ohne Zielhafen „in fünf Tagen“. Bei mir steht als nächster Termin „Chicago“ auf dem Plan – in sieben Wochen. Zeit für eine Weile.

Sonnenuntergang Georgian Bay
Zeitlos – der nächste Termin ist in sieben Wochen
Endloser Highway in Kanada von Owen Sound nach Süden
"Right turn ahead" – in 105 Kilometern

Bis dahin geht es auf dem Wasser weitgehend durch die kanadische Wildnis. Ein Ausflug mit dem Auto zum Flughafen von Toronto und zu den Niagarafällen gibt einen Geschmack darauf, was landseitig auf mich wartet: Wir nehmen den Highway Nummer zwölf nach Süden. Er ist nicht mehr als eine Landstraße, mit einem Linial in den Wald gezogen. – Die Hausnummern gehen in die tausende, nach Toronto biegt man laut Navi in 105 Kilometern links ab.

Vorher locken Hinweise zu anderen kleineren Wasserfällen um Owen Sound herum. Die Kletterpartien zu ihnen führen teilweise ein ganzes Stück „in the Bush“. Auch das ist Vorbereitung für den North Channel: Die richtige Menge „Off“ zu bestimmen. Das Einzige Mittel, was hier gegen Millionen Moskitos und Blackflies zu helfen scheint die Chemiekeule mit 25% DEET soll man allerdings nicht direkt auf die Haut sprühen.

Die Mückenstiche jucken am Abend trotzdem an allen erdenklichen Stellen. Für den Fotografen ein akzeptabler Preis. Einige Eindrücke:


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