Am Maya-Riff

Einklarieren in Mexiko
Einklarieren in Mexiko

Unseren Revierführer für die nächsten Wochen finden wir im El Milagro und ohne ihn wären wir ziemlich aufgeschmissen gewesen. Aber dazu schreibe ich demnächst noch mal einen eigenen Artikel.

Hier kamen wir ausgehungert aus Kuba an und hatten keinen Plan: Wo für Mexiko einklarieren, wie die richtigen Beamten auf Isla Mujeres finden und grobe Schnitzer vermeiden. Schnitzer können teuer werden, wenn man mit Beamten in einem Land zu tun hat, in dem der höfliche Versuch, spanisch zu sprechen zwar gern gesehen, der Fluchtweg „Do you speak English?“ aber nicht selten mit einem „No Señor“ verbaut ist.

Wir sind in Mexiko, naja, wir waren es und sind schon wieder ein Land weiter entlang des Maya Riffs. Das erstreckt sich mit wenigen Durchfahrten dicht vor der Küste von Cancun aus bis hinunter nach Guatemala. Zeit, davon zu berichten.

Auf gut Glück halten wir nach der Riffpassage hinter Isla Mujeres auf eine Marina zu und werden freundlich herangewunken. Zwei Marinas hatte ich aus Kuba versucht zu kontaktieren, beide hatten nicht einmal meine Mail beantwortet.

Nette Menschen und mangelnde Vorbereitung sind immer ein „Risiko“, denke ich. Entweder wir es jetzt unfassbar teuer, oder unglaublich gut. Ohne eine Ahnung, wo wir landen und was wir dort finden, machen wir mit Hilfe von Dockmaster Julio fest. Der schaut die gelbe Flagge unter der Saling an: „Immigracíon?“ – Ich bejahe und er winkt ab. Keine Eile, erklärt er, die Beamten kommen morgen eh in die Marina. Bis dahin „Relax“. Julio, erfahren wir, ist Agent und anders als die meisten Agents arbeitet er für Kunden, die in der Marina bleiben gegen Trinkgeld.

El Milargo
El Milagro

Von Inga bekommen wir wenig später eine Führung durch die Marina. Sie kommt ursprünglich aus Hamburg und lebt seit Jahren auf der hier auf der Insel und arbeitet ebenfalls in der Marina. Die Anlage zu beschreiben geht einfach: Bunte Farben, Palmen, Beeindruckende Mosaike, Gemeinschaftsküche, liebevoll eingerichtete Apartments und draußen Kokosnüsse zum selber pflücken. – Wie die Äpfel auf den Feldern im Alten Land vor den Toren Hamburgs. Irgendwie ist alles netter und freundlicher, als wir erwartet haben. Wo ist das anrüchige und dreckige Mexiko, von dem wir immer gelesen haben. „Hier auf der Insel ist nicht wirklich Mexiko“, erfahren wir immer wieder. Die Insel ist ein Ferienresort und wir sind Touristen, die eine Woche bleiben, bevor sie weiter Richtung Süden reisen. Kann es besser werden?

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Die Küste, die wir bereisen haben die Mexikaner Mayan Riviera getauft. – Klingt gut, auch wenn die Italiener nie eine wesentliche Rolle im spanischsprachigen Mexiko oder der Welt der Maya gespielt haben. In einem Buch aus den 80ern heißt die Gegend noch Mayan Riff und das trifft es eher.

Ankern hinterm Riff vor Puerto Morelos
Ankern hinterm Riff vor Puerto Morelos

Bei jeder Riffpassage, in der Paulinchen vom schwell der Karibischen See zwischen den Brechenden Wellen hindurchgehoben wird, denke ich an Kanus, und Lastkähne. Ob die Ureinwohner dieses Teils der Welt an dieser Stelle schon vor über 2000 Jahren hier zwischen scharfen Korallen hindurchnavigiert haben?

Mit Sicherheit haben sie das vor Tulum. Wir besuchen den Mayahafen von der Insel Colzumel aus, fahren um sieben Uhr morgens mit der ersten Fährezum Bus in Playa del Carmen und weiter per Bus. Die Passatwinde wehen kräftig aus Osten und das Riff vor der historischen Stätte ist nicht hoch genug, um die Wellen sicher zu brechen. So bleiben nur Bilder von Land aus.

Mayahafen Tulum
Mayahafen Tulum

Von Tulum aus wurde die nahegelegene Siedlung Coba versorgt und Handel mit anderen Häfen oder auch Inseln betrieben. Damals waren täglich hunderte Boote aller Größe vor der Küste unterwegs.

Heute treffen wir auf See vor allem Kreuzfahrtschiffe. Fischer sind meist nur direkt in Riffnähe unterwegs, Frachter scheint es fast keine zu geben. Die wichtigste Fracht vor der Maya Küste heißt Touristen und wird direkt hinter unserem Ankerplatz auf Cozumel gelöscht. Jeweils für einige Stunden am Tag, dann kommt das nächste Ziel.

In den ersten beiden Straßen entlang des Hafens kann man keinen Schritt machen, ohne dass von der Seite „Take a Look, Amigo“ oder „T-Shirt, Amigo?“ zu hören ist. Etwas tiefer in die Stadt dringen die modernen Kreuzfahrer jedoch nicht mehr vor. Wer die fünf Minuten bis hier zu Fuß geht, zahlt für sein Taxi mit 25 Peso statt vier US-Dollar, die Hälfte und isst für ein Drittel. Vor allem aber sieht er Mexiko nicht nur als Verkaufsstelle für Made in China Maja Kunst.

Kreuzfahrerhafen Cozumel
Kreuzfahrerhafen Cozumel

Cozumel ist unser offiziell letzter Stopp in Mexiko und letzter Ausklarierungshafen vor der Grenze nach Belize. In zwei Tagen wollen wir ohne Stopp nach San Pedro in Belize segeln.

Kein einfaches Unterfangen. Entlang des Riffs steht ein steter Strom nach Norden, gegen den wir ankämpfen müssen. Unter Motor, mit Parasailor und Groß, erreichen wir sechs Knoten Fahrt und beeindruckende 2,5 Knoten über Grund, während der erste Squall der Nacht von achtern heranzieht.

Immer wieder, längst ohne Motor und im dritten Reff statt mit Parasailor, drücken uns die Schauerböen mit 30 Knoten Wind auf die Seite. Mexikos Wettervorhersagen sind offenbar auch nicht besser, als sonst wo in der Welt. – Am Morgen bin ich fertig, klatschnass und kann in einem lichten Moment zwei Regenbögen und vier Schauerwände um uns herum ausmachen. Einer davon zieht direkt auf uns zu. Einige Minuten später rolle ich die Genua ein, hole das Groß dicht und stelle die Windsteuerung auf 20 Grad am Wind. Perfekt abgepasst schießt Paulinchen mit der ersten Böe in den Wind und bleibt dort. – Ich habe die Lust verloren, Schauer auszusegeln. Überhaupt, verlieren Squalls tagsüber ihren Schrecken, kommen nicht unerwartet aus dem Nichts, sind nur nervig.

Ankern in Bahia del Espirito Santo
Ankern in Bahia del Espirito Santo

Irrwitzigerweise ist die See unter so einem Squall beinahe angenehmer als davor und danach. Der Wind drückt die Wellen platt, der Regen übertönt das Getöse der Karibik. Die erscheint mir eher wie Ostsee im späten september, während ich unter der Sprayhood hocke und dem Trommeln über mir zuhöre.

Inzwischen hat das Wetter vor der Tür auch die Vorhersagen eingeholt und die kommenden Tage sehen nicht besser aus. Spontan entscheiden wir einen Stopp einzulegen und in die „Bahai del Espirito Santo“ zu segeln. Eine zehn Meter tiefe Riffpassage, fast eine Meile breit, verspricht auch bei inzwischen beachtlichem Schwell sicher zu sein.


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