Viel passiert derzeit nicht an der Elbe. Schiffe kommen, Schiffe gehen. Seit anderthalb – nein, es sind ja doch schon wieder über zwei Wochen – liege ich in Cuxhaven. Und bis Ostern die meiste Zeit davon auch noch an Land. Geplant war das nicht, aber irgend ein Klabautermann scheint mich derzeit auf dem Kieker zu haben. Jedenfalls lässt er sich ständig Neues einfallen, damit ich noch ein wenig bleiben muss. Geahnt hatte ich das schon auf der Elbe.
Viel zu viel Wasser fand auf dem Weg von Hamburg nach Brunsbüttel seinen Weg ins Schiff. Vor allem bei längerem Motorbetrieb, wie beispielsweise auf dem Weg zum Ankerplatz durch den Nord-Ostsee-Kanal. Die Ursache war im ruhigen Wasser des Kanals schnell gefunden: Es rann bei drehender Welle durch die Stopfbuchse. Ärgerlich vor allem, da es sich um eine Gleitringdichtung handelt. Der Vorteil dieser Dichtung ist, dass sie absolut dicht ist – eben bis zu dem Moment, wo sie undicht wird. Das soll laut Hersteller Volvo so nach drei bis fünf Jahren bzw. etwa 500 bis 800 Betriebsstunden passieren. Wie alt meine ist, kann ich nicht sagen. Beruhigend war jedenfalls der Hinweis, dass die aufgedruckte Teilenummer wohl bereits vor Jahren verändert wurde. Trotzdem: Ein neuer Wachsfaden und etwas Fett, um eine herkömmliche Buchse abzudichten, kosten vielleicht 20 Euro. Die ist dafür nie ganz dicht, kann aber jederzeit wieder nachgestopft, eingestellt und mit einer Fettpresse provisorisch gedichtet werden. Anders als bei gewöhnlichen Stopfbuchsen ist das bei dem Vollgummi-Modell nicht möglich – dafür kostet das aber auch gleich 110 Euro.
Nun ist es natürlich nicht so, dass der Wechsel der Stopfbuchse eine Woche Arbeit bedeutet. Auch nicht, wenn dazu erst mal die Welle demontiert und ein Stück herausgezogen werden muss. Nein, die Demontage verlief etwa so: Zweieinhalb Stunden anstarren und nachdenken, eine halbe Stunde lang im Weg liegende Leitungen vom Motor demontieren und dann eine Stunde lang fluchend kopfüber zwischen Cockpitwanne und Motor mit den Fingerspitzen und ausgestreckten Armen die Schrauben vom Getriebeflansch und der Welle lösen. Für Wartungen dieser Art ist Paulinchen eben doch recht eng. Grund sie auszulassen oder zu verschieben darf das aber nie werden.
Das Zeitaufwändige an dem Projekt war dann der Versuch, Ersatz zu bekommen. Und vorweg die Lehre aus diesem Stück: Wer es eilig hat, sollte sich gleich auf längeres Warten einstellen.
Während die Boots- und Schiffswerft Cuxhaven, die mich an Land genommen hatte, das fehlende Teil zum folgenden Dienstag dahaben würde, verspricht der örtliche Volvo Vertreter einige Häuser weiter per Express zu bestellen. Stutzig hätte mich machen sollen “Zu 99 Prozent ist das Teil morgen da, die restlichen 0,1 Prozent sind höhere Gewalt.”
Es dauerte bis zum folgenden Mittwoch, dann kam das aus Schweden gelieferte Teil nach einem Umweg über den Bodensee tatsächlich an. Viel Zeit zum Basteln an Kleinigkeiten, die sonst nur wieder liegengeblieben wären und mich auf dem Wasser genervt hätten. So ist endlich die provisorische Abdichtung am ehemaligen Heizungsauspuff gespachtelt und lackiert (natürlich erweist sich der quadratische Bereich optisch raffiniert abgesetzt, eine Nuance heller als der Rest vom Cockpit…). Auch die Rettungsinsel ist endlich in der soliden Plastimo Universalhalterung und nicht mehr mit einem Tampen an Deck gesichert. Sieht fast aus, wie in der Katalogabbildung. Fast. Es fehlten nur die französische Schönheit, die auf offener See verliebt über die Insel streichelt und das abgebildete Vorhängeschloss, das einer Benutzung der Insel auf offenen See eher im Wege stünde. Trotzdem, es gibt sicher Häfen auf meiner Route, in denen ich das Schloss anbringen werde. Cuxhaven ist aber keiner davon.
Dazu ist es hier viel zu ruhig, zu still, zu leer. In der Werft blickt man auf einen harten Winter zurück, in dem es nur wenig zu tun gab. Umso geschäftiger ist das Treiben jetzt. Rund um mich herum werden Boote gekrant, Masten gestellt, eilig Rümpfe gemalt und poliert.