Weilers Welt | Bitte nur nicht gegen an

In meiner Kolumne „Weilers Welt“ drehte sich in der Juniausgabe von segeln alles um Gentleman, die nur auf stetem Downwindkurs segeln. Chartersegler sind da anderes gewöhnt: Terminfahrt im Urlaub hat zwar seine Schattenseiten, aber „Downwind wie ein Gentlman“ gegen„Upwind wie ein verrückter Hund“ zu tauschen, macht Segeln zur sportlichen Herausforderung.

Bitte nur nicht gegen an

Mehr als gedacht: Das Warten auf ein "passendes" Wetterfenster bedeutet für Langfahrtsegler nicht selten: Warten auf ein Motofenster
Mehr als gedacht: Das Warten auf ein „passendes“ Wetterfenster bedeutet für Langfahrtsegler nicht selten: Warten auf ein Motorfenster

Ein halbes Jahr hat die Reise von Florida ins Archipel Bocas del Toro an Panamas Karibikküste jetzt gedauert. Ohne Eile waren wir unterwegs, haben aber auch nicht getrödelt. Als Fahrtensegler ohne Zeitvorgabe hat man die Zeit, die auf einem Urlaubstörn fehlt: Man muss nichts Unvernünftiges unternehmen, um sein Ziel an einem bestimmten Termin zu erreichen. Im Gegenteil, immer wieder warteten wir mehrere Wochen auf passenden Wind für eine kommende Etappe, während wir unser Mantra „Gentleman segeln mit Rückenwind“ aufsagten.

Gegenan ist zwar ungemütlicher, macht aber am Ende oft mehr Spaß
Gegenan ist zwar ungemütlicher, macht aber am Ende oft mehr Spaß

Kaum in Panama angekommen treffen wir zwei Österreicher. Sie wollen in sieben Wochen die Insel Grenada auf der anderen Seite der Karibik erreichen. Das liegt auf der unmöglichen, weil direkten, Route etwa 1500 Meilen entfernt. Genau von dort kommt aber der Wind, der in den letzten Tagen noch so zuverlässig unseren Parasailor Tag und Nacht gefüllt hat.

Abends sitzen wir in bunter Runde mit Amerikanern und Kanadiern zusammen, während wir von dem ambitionierten Vorhaben erfahren und irgendwie kommt einen Moment lang das Gefühl einer unsichtbaren Trennlinie auf: Am Tisch sitzen Gentleman zur See, die seit Jahren auf schwankenden Planken leben und sich in Wetterfenstern von Ankerbucht zu Ankerbucht hangeln. Ihnen gegenüber die, die ein schnelles Vergnügen suchen und auf einem Schiff für einige Wochen eingemietet haben. Abschätzend heben sich einige Augenbrauen: „Das ist eine sportliche Richtung“, traut sich einer zu sagen und klingt dabei unschlüssig zwischen Bedauern und Anerkennung.

Gut erinnere ich mich daran, wie ich früher in arbeitnehmerkompatiblen Törns Dinge zwischen unmöglich und unsinnig angestellt habe. Nicht selten hatte ich damals von einem Leben an Bord ohne Zeitvorgabe geträumt und nie geahnt, dass einen das vor allem langsam machen würde.

Einen Gewaltakt dieser Größenordnung hätte auch damals kaum unternommen, aber manchmal sollte man doch einfach „Downwind wie ein Gentlman“ gegen „Upwind wie ein verrückter Hund“ tauschen und sich mit Spaß in die Wellen stürzen. Denn was gibt es da schon zu verlieren, außer einigen Gläsern im Schapp und einem trockenen Kissen im Cockpit?


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