Der Gedanke einmal Richtung Mittelamerika zu reisen, weckte bei mir früher sofort Assoziationen in denen einheimische Völker eine große Rolle spielen. Urwalddörfer, Hütten und Dschungelpfade zu am Strand liegenden offenen Fischerbooten vor kleinen Palmeninseln. Gleichermaßen Sinnbilder für romantische Reisephantasien, aber auch Symbol für ärmliche Lebensverhältnisse und häufig Ausgrenzungen im eigenen Land. Trotz aller Globalisierung führt der Gedanke an Eingeborene noch immer eine geheimnisvolle Welt wieder.
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Jedes Jahr am 9. August widmen die Vereinten Nationen diesen Volksgruppen einen ganzen Tag, um auf ihre Situation, Verbreitung und Lebensweisen aufmerksam zu machen.
Indigen sind Bevölkerungsgruppen, deren Vorfahren bereits vor einer Eroberung, Kolonisierung oder Gründung eines Staates durch andere Völker in einem räumlichen Gebiet lebte. Voraussetzung ist für die Anerkennung ist, dass sie sich bis heute als ein eigenständiges „Volk“ verstehen und eigene soziale, wirtschaftliche oder politische Einrichtungen und kulturelle Traditionen beibehalten haben. Weltweit fallen darunter laut Wikipedia rund 350 Millionen Menschen und Panama beheimatet sieben dieser Gruppen.
Am präsentesten für Segler entlang der karibischen Küste sind wohl die rund 300.000 Kunas, die das Gebiet der traumhaften San Blas Inseln und das angrenzende Hinterland bewohnen. Sie führen in ihrem Areal ein zuweilen strenges Regiment, mit dem sie sich immer wieder gegen Panamas Regierung behauptet haben. Vehement verteidigen sie ihr Recht auf Selbstverwaltung und den Anspruch auf ein eigenes Territorium zur Pflege ihrer Kultur und sozialen Strukturen.
Dass sie dabei durchaus erfolgreich sind, zeigt ihr Grad an Unabhängigkeit: Im Vergleich mit vielen anderen indigenen Völkern Zentral- und Mittelamerikas haben sich die Kuna innerhalb Panamas einen Autonomiestatus erarbeitet, den so keine andere Ethnie der Region erreicht hat. Bereits seit 1953 funktionieren sie quasi als Staat im Staat.
Eine gewollte Isolation, die Fahrtenseglern, die diese Region besuchen, ein Revier weitgehend unberührter Natur beschert. Es gibt kaum westliche Infrastruktur, nur hin und wieder gelangt ein Anruf bis zum mitgebrachten Mobiltelefon und ein Zugang zum Internet bedarf sorgfältiger Routenplanung.
Nur langsam und behutsam fasst der Tourismus in den San Blas Fuß. Vor allem, weil Nicht-Kuna dort keine Geschäfte machen dürfen und damit Investitionen für internationale Hotelketten ebenso uninteressant sind, wie die Errichtung von Basen von großen Charterfirmen.
Für die An- und Abreise kommen nur ein Schiff oder eine lange dschungefahrt im Geländewagen auf mäßig befestigten Straßen in Frage. – Komplizierte Bedingungen, die nur Besucher auf sich nehmen, die auf die Annehmlichkeiten eines Pauschalurlaubs mit kostenlosem Shuttle ganz bewusst verzichten wollen. Sie finden ein wenig Abenteuerurlaub in der Abgeschiedenheit einer Region, in der man besser alles mitbringt, was man braucht.
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Quelle: Youtube.com / David Braun
Segler bringen oft eine andere Lebensweise und das Selbstverständnis eines Nomaden zur See mit. Konflikte entstehen, wenn westliche Lebensweise auf traditionelle Strukturen der Kuna trifft. Viele dieser Probleme entstehen aus Unwissenheit im Umgang mit den Naturressourcen des Inselparadieses: Beispielsweise, wenn Kokosnüsse auf vermeintlich einsamen Inseln aufgesammelt oder gepflückt werden. – Zwar kennen die Kuna keinen Handel mit Land, wohl aber Besitzrechte.
Wie bei jedem Törn in ein fremdes Land, lohnt es sich auch mit Kurs San Blas die lokalen Regeln zu Fischfang und Co zu kennen:
Der Handel mit den erwähnten Kokosnüssen stellte lange Zeit die Haupteinnahmequellen der Kuna dar und die Früchte der Palmen haben traditionell einen enormen Wert für die Einheimischen. Ungenutzt auf dem Boden liegend bleiben sie dennoch im Besitz der Familien und zuweilen signalisieren sie so auch eine Form von Wohlstand. Nicht wesentlich anders, als die in vielen europäischen Häfen liegenden Yachten, die nur einge Male im Jahr für kurze Ausfahrten genutzt werden. Es zählt, sie zu besitzen. So ein Boot für eine Spritztour zu nehmen wäre sicher keinem Kuna erlaubt, der einen Ostseehafen besucht.
Auch unkultiviertes Land und die vielen unbewohnten Inseln gehören in der Regel einer Famile, in jedem Falle aber den Kuna als Volk. Das alleinige Recht über die »Schätze« zu verfügen verteidigen die Bewohner mit teilweise drastischen Strafen.
Neben angebautem Getreide und Früchten basiert die lokale Küche zu einem Großteil auf dem Meer. Diese Nahrungsgrundlage spielt bei den Bemühungen die eigene Kultur zu erhalten eine große Rolle und es ist wenig verwunderlich, dass ausländischen Yachten das Ausbeuten dieser Ressourcen nicht wohlwollend nachgesehen wird. Lokale Fangregularien und Verbote sind zwar hier und inzwischen auch zu einem lukrativen Geschäft geworden. Sie sichern aber eben auch den Fortbestand der Eigenständigkeit.
Besucher respektieren das am ehesten, indem Meeresfrüchte von den einheimischen Fischern gekauft werden und das eigene Fanggerät in der Backskiste bleibt.
Gerade Segler, denen in der Regel ein Traum von Freiheit und Unabhängikeit gemein ist, tun gut daran behutsam in diesem Revier unterwegs zu sein. Es ist kaum zu vermeiden, dass wir einen Wohlstand zur Schau stellen, der es uns erlaubt auf einem Boot zu leben und dort keiner für die Einheimischen ersichtlichen Arbeit nachgehen zu müssen. Daraus wächst Verantwortung, wenn wir auf diese Menschen treffen.
Die Eigenarten der Inselbewohner zu akzeptieren und auf sie als interessierte Gäste zuzugehen, von ihrem Leben lernen zu wollen und vielleicht hier und da einfach einmal mit anzupacken, sind die Garanten die uns – und den Kuna – helfen unsere gemeinsamen Vorstellungen von einem unabhängigen Leben zu verwirklichen. – Vor allem aber füllt es die romantischen Reisephantasien aus einer für uns geheimnisvollen Welt.
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