Der lang gezogene Ruf: „Haaaafenrundfahrt“ lockt nur noch wenige Spaziergänger und Touristen auf die Pontonanlagen zwischen Überseebrücke und Kehrwiederspitze. Der Hamburger Hafen geht langsam in den Winterschlaf. Man bleibt zu hause, zündet seinen Kamin an, träumt sich ins Warme oder liest ein Buch. Wer doch vor die Tür geht, kämpft sich vermummt unter Schal und Mütze durch nassen Nieselregen. Fein, unerbittlich kriecht der dann unter Jacken und tastet sich unangenehm kalt hinter hochgestellten Kragen in den Nacken. Der Herbst hat seine sieben Sachen gepackt, auf die Schnelle noch Bäume und Sträucher von ihrem letzten Grün befreit und Platz für den Winter gemacht. Auf Rügen, wo ich vor einem halben Jahr in Richtung Nordosten gestartet bin, fiel in den letzten Tagen zum ersten Mal in diesem Jahr Schnee.„The problem is condensation“, hatte mich John Dempsy vor einigen Jahren gewarnt. Ich traf den Rentner aus Plymouth 2004 bei meiner ersten längeren Tour durch Schweden. Seine Warnung war eindringlich: Jedes Stückchen unisolierter Rumpf zieht Wassertropfen unter Deck magisch an. Das sei simple Physik, nachvollziehbar und nicht auszutricksen. Dagegen helfe nur Isolation. Vor allem im Vorschiff, wo Matratzen und Bettzeug die Feuchtigkeit zudem sammeln. Aber auch im Salon, wo es schnell beginnt von der Decke zu tropfen. Mit dem Überwintern auf Segelbooten hatte der Brite seine Erfahrung gemacht, als er selbst drei Jahre lang an Englands Südküste seine Venture bewohnte. Sein Fazit: Es ist zwar beschwerlicher als im Sommer an Bord, aber es lohnt sich, den Saisongedanken beiseite zu schieben. Auch wenn der Gang zur Dusche morgens einiges an Überwindung kostet.
Mittlerweile kann ich ihn gut verstehen. Statt im Cockpit zu sitzen verlagert sich das Leben jetzt fast komplett unter Deck. Mit heißem Tee in der Hand schaut man durchs Fenster auf verlassene Stege. Frühes Dunkelwerden leitet lange Nächte ein. Man freut sich plötzlich über Regenwolken, an denen sich die Wärme der Stadt reflektiert. Wenn der Nieselregen sich dann verzieht, kommt die Kälte. Das Steckschott wird nur noch geöffnet, wenn es unbedingt sein muss. Die Vorschiffsluke, die sonst im Hafen ständig einen Spalt offen stand, dient nach dem Aufstehen nur noch kurz zum Durchlüften. Anschließend sorgt die Webasto schnell wieder für angenehme 18 Grad unter Deck. Sie summt im Dauerbetrieb, aber längst noch nicht am Leistungslimit. Nur in Bodennähe sinkt das Thermometer schnell ab. Gefütterte Puschen gehören eben auch zum Seglerdress..
Dempsys Befürchtungen scheinen bei Paulinchen aber nur wenig begründet zu sein. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Schwedischer Werftbau rechnet offenbar mit kühlem Wetter: Decke und Seiten des Aufbaus sind isoliert, so dass die befürchtete Tropfsteinhöhle unter Deck bisher ausbleibt. Die Innenschale fühlt sich kühl, aber nicht kalt an. Nur in den Schapps und Schubladen ist es grundsätzlich einige Grad kälter. Feuchtes Holz und klamme Klamotten sind schnell die Folge. Hier reichen auch die kleinen Schlitze der Zwangsentlüftungen nicht mehr aus. Türen, Klappen und Fächer müssen einen größeren Spalt offen bleiben. Ich überlege schon, den Kleiderschrank mit einem Lüftungsgitter dauerhaft besser zu durchlüften.
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