Schleuse auf dem Tennessee-River in den Kentucky Lake

Bei der Arbeit

Schleuse auf dem Tennessee-River in den Kentucky Lake
Kentucky Lake Schleuse

So recht komme ich nicht weiter heute Abend. Vielleicht hilft ja ein Bier. Ich probiere es erst mal mit einem Red-Bull. Davon habe ich für solche Fälle immer eine Dose parat. Für: Wenn es spät wird und einfach nichts in den Kopf kommt, aber muss. Denn morgen früh muss auf dem Bildschirm stehen, was bald gedruckt werden soll. Morgen früh in Deutschland. Das ist hier kurz nach Mitternacht. Flügel verleihen aufgelöste Gummibärchen nicht. Aber sie halten wach. Und sie machen Herzklopfen. Herzklopfen ist was Gutes. Man hat das, wenn man frisch verliebt ist. Red Bull macht nicht verliebt. Es erinnert aber daran. Daran wie ich hier ankam. Wie ich mich verliebt hatte. Nach dem langen Weg über die Flüsse. Der war irgendwie nur schnelles Abreißen von Meilen gewesen. Ich war traurig darüber. Wenn man traurig ist, verliebt man sich schneller. Es ging wieder eine Schleuse bergauf. Die Zweite seit Chicago. Der Schleusenwärter mochte uns Segelboote vor seinem Tor irgendwie nicht. Wir kamen kurz vor Mittag und er lies uns in strömendem Regen drei Stunden warten. Mir war‘s egal, ich hatte keine Lust auf vorwärts, rückwärts und Kreise fahren. Ganz dreist, direkt vor der Schleuse fiel einfach – platsch – der Anker. Es wird schon jemand bescheid sagen, wenn wir rein dürfen. Dann gab es Gulaschsuppe zum Mittag, aus der Dose. Und ein bisschen Lesen, ein Krimi. Darf man das noch sagen, oder muss es Thriller heißen? Das Leben war irgendwie leicht an diesem Tag, trotz des Mistwetters. Man verliebt sich schneller, wenn das Leben leicht ist. Und als wir weiterdurften, öffnete sich die Schleuse und auf einmal war es da. Ich musste lachen, hatte Herzklopfen. Hinterm Boot rechts, ganz oben stand da „Kentucky“ an einem Gebäude. Und davor baumelte eine deutsche Flagge von meinem Achterstag. Das muss ich mal wieder ändern. Eigentlich war es nur ein Provisorium, als der Flaggenstock abgebrochen ist. Aber irgendwie hab ich mich inzwischen daran gewöhnt, hübsch ist das aber wirklich nicht. Ich dachte kurz darüber nach, dass ich die Flagge auf dem Seeweg hier her gebracht habe. Von den Hamburger Landungsbrücken zum Kentucky Lake mitten in die Staaten. Und als sie da so herabhing, da war ich plötzlich verliebt. Ich habe keine Ahnung, warum und in was. Das ist mit der Liebe ja oft so. Man weis nicht, was genau einem den Kopf verdreht, aber irgendwas berührt einen und plötzlich muss man lachen und bekommt Herzklopfen. … Und jetzt wieder an die Arbeit.


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