Statt Tageszeitung zu lesen, hört man auf Honduras Karibikinsel Roatan der Funkrunde auf Kanal 74 zu. Dort erfährt man vielleicht weniger aus der Weltpolitik, dafür aber wo die Happy Hour stattfindet, wann man sich zum Volleyball trifft und was sonst noch in und um den Ankerplatz passiert.
Heute mischt sich eine neue Stimme in die Runde: Tom ist 25 Jahre alt und auf der Insel gestrandet. Nicht als Segler, sondern als Backpacker sucht er nach einer Möglichkeit, weiterzureisen. Segelyachten sind in diesem Teil der Welt ein beliebtes Reisemittel, um preiswert von Insel zu Insel und von Land zu Land zu kommen; eine Win-Win Situation für alle: Hilfe ist auf längeren Etappen eigentlich immer Willkommen, Hand-gegen-Koje spart Reisekosten und über neue Bekanntschaften freut sich ohnehin jeder. Tom ist auf dem Weg nach Panama, wir auch, und wie wir wissen, etliche andere Boote hier im Ankerfeld ebenfalls.
Er wirkt auch sympathisch und macht durchaus den Eindruck, als Crew zu etwas zu taugen. Aber trotzdem er sich als erfahrener Mitsegler anpreist und seine Passage gern mit Nachtwachen und Smutjendiensten bezahlen will, bietet ihm heute niemand eine Koje an. – Nicht, weil niemand will, sondern weil wir in Honduras sind.
Für Mitsegler gibt es gute Häfen, einen Absprung zu finden. Die Azoren beispielsweise in Richtung Europa. Das französische Brest ist gut für einen Sprung nach Süden Richtung Mittelmeer, von den Kanaren kommt man im Herbst meist irgendwie in Richtung Karibik.
Wer per Anhalter im Boot reisen will, muss aber auch wissen, von wo man nicht wieder wegkommt. Gerade in Ländern mit bekannten Drogenproblemen ist es schwer einen Skipper zu motivieren, jemanden mit an Bord zu nehmen und wenn, erzählt mir ein Amerikaner später beim abendlichen Plausch: „Muss der sich damit abfinden, dass ich sein Gepäck gründlich durchsuche und jede seiner Zigaretten vorher proberauche“.
Das klingt vielleicht einwenig übervorsichtig, doch in vielen Ländern dieser Region gelten einfache Gesetze: Es ist unerheblich, wem Verbotenes im Gepäck gehört, finden die Beamten etwas, wandert meist die ganze Crew ins Gefängnis. Für eine Pistole in Belize 18 Jahre, für einige Gramm Kokain in vielen Ländern für den Rest des Lebens.
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