Vor einer Weile geriet ich in eine spannende Diskussion: Die Ausgangsfrage war, woran eigentlich Weltumsegelungen scheitern und warum man so wenig darüber erfährt. Schließlich wäre es doch gerade für die Einsteiger ins Langfahrtleben hilfreich, wenn sie wüssten, was ihre Vorgänger falsch gemacht haben, um für die eigene Reise entsprechend vorbeugen zu können.

Fast jeder Weltumsegler hat heute eine Webseite im Internet und nimmt sich beim Start vor, von den Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten. Liest man aber diese Blogs, findet man tatsächlich selten Gründe warum Crews von Bord gingen. Schnell entsteht hier der Eindruck, dass eine Weltreise gar nicht so schwer ist.
Eingebettet in einen endlosen Strom aus, humorvoll heruntergespielten, Reparaturen an den schönsten Orten Welt, bestehen die meisten Segltörns im Internet aber aus Geschichten von Palmen, Stränden, Buchten und viel Lebensfreude. Natürlich ist das aber nicht alles. Oft fällt unter den Tisch, dass Leben an Bord die gleichen Facetten, wie Leben an Land hat. Es gibt stinkende Socken und jemand muss täglich den Abwasch erledigen. Nur, das die wenigsten Yachten dazu die Spülmaschine von Zuhause haben. Trotzdem: Von Scheitern gibt es keine Spur.
Das hat einen psychologischen Grund: Wer über sein eigenes Leben schreibt, betreibt immer auch Selbstdarstellung und wird sich automatisch darauf konzentrieren, das Gute und ungewöhnlich Tolle in den Vordergrund zu stellen. Stattdessen die Ungemütlichkeit des Lebens an Bord zum Kern der Webseite zu machen, würde vermutlich selbst unter karibischer Sonne schnell in die Depressionen führen. Das Internet ist also nur bedingt für eine Recherche zum Katalog des Scheiterns zu gebrauchen. Aber es gibt noch einen weiteren Grund, warum so eine Liste nicht funktionieren kann:
Wer eine Reise um die Welt beginnt, will sich damit einen Traum erfüllen. Dieser Traum muss aber erst einmal in allen Facetten geträumt sein. Und dazu gehört eben auch der Beutel schmutziger Wäsche an Bord.
Die Geschichten, die uns heute von überall auf dem Globus erreichen bieten eine Vielzahl an Anregungen für die herausragenden Momente der eigenen Reise. Auch helfen sie dabei, Neugierde auf Land und Leute zu wecken. Aber es liegt in der eigenen Verantwortung bei der Reiseplanung diese Schnipsel zu einem Reisetraum zu verbinden und zu einer kompletten Geschichte zu ergänzen.
Endet dann die Reise beim Erleben dieses Traums unvorhergesehen, bedeuten selbst dramatische Gründe wie Krankheit oder Havarie oft nicht gescheitert zu sein. Nur einen Traum zu leben, den man gar nicht kannte, wäre vergeudete Zeit gewesen.
Meine Kolumne „Weilers Welt“ erscheint jeden Monat in der Zeitschrift segeln. Dieser Text war in der April-Ausgabe 2015 zu lesen.
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