Mut zum Mut – Von den Sailing Conductors lernen

Jeden Monat berichte ich auf der letzten Seite im Magazin segeln aus „Weilers Welt“. In der Kolumne erzähle ich von dem, was mir am Rande der Segelszene auffällt. Der folgende Text stammt aus dieser Kolumne und ist in der segeln Ausgabe 5/2016 erschienen.

Meiner Kolumne: "Weilers Welt" erscheint jeden Monat in der Zeitschrift segeln
Meiner Kolumne: „Weilers Welt“ erscheint jeden Monat in der Zeitschrift segeln

Mut zum Mut

Zeiten ändern sich. Als 1968 eine Gruppe Segler aufbrach, um mit ihren Booten ohne anzuhalten, um die Welt zu segeln, wurden Helden geboren. Die Namen der Teilnehmer des Sunday Times Golden Globe Rennens lassen noch heute Segelfans die Ohren spitzen: Bernard Moitessier, Nigel Tetley, Chay Blyth und Robin Knox-Johnston sind vier von neun, die Geschichte schrieben.

An deren Abenteuer musste ich denken, als mir während der Düsseldorfer boot in halbverschwörerischem Ton erzählt wurde:

„Das darf man doch gar nicht pushen, das ist ja alles recht unverantwortlich, die hatten nur Glück, das nichts passiert ist.“

In dem Vortrag, dem wir dabei lauschten, ging es aber nicht um das Golden Globe, sondern um die Sailing Conductors. – Zwei Schräge Vögel, die davon erzählten, durch Zufall auf einem Boot im Pazifik gelandet zu sein, mit dem sie über vier Jahre lang nach Deutschland zurückfuhren.

Dass sie zu Anfang nicht viel vom Segeln wussten, sagen sie selbst. Dass sie heil angekommen sind, zeigt, dass sie Glück hatten. Vielleicht ja auch, dass Fahrtensegeln auch eigentlich gar nicht so schwer ist. Dass sie unterwegs viel gelernt haben, dürfte außer Frage stehen.

Damit rückt ihre Reise näher an die in Heldentum verklärten Golden Globe Abenteuer von vor fast fünfzig Jahren, als so manche Hochseepassage perfekt ausgerüsteter Schiffe von Skippern mit scheinschwer ausgebeulten Ölzeugtaschen.

Ein Beispiel dafür ist Chay Blyth: Beim Start in England hatte der nach eigenen Aussagen keinerlei Segelerfahrung. Seine erste seglerische Leistung haben die beiden Musiker von heute schnell übertroffen. Blyth segelte bis zum Kap der Guten Hoffnung, bevor er das Rennen aufgab.

Er unternahm sein Abenteuer allerdings, in einer Zeit, in der man etwas riskieren und auch scheitern durfte. Für den aufgebrachten Mut gab es damals Anerkennung. Trotz erster Niederlage wurde Blyth nur drei Jahre später zum „Commander of the Brithish Empire“ ernannt, nachdem er als erster Mensch nonstop gegen Wind und Strömungen westwärts um die Welt gesegelt ist.

Das paradoxe: Kritik an heutigen Segel-Abenteuern ohne Netz und doppelten Boden kommt stets von denen, die selbst keine unternehmen und im gleichen Atemzug die Seemannschaft, den Heldenmut und das Glück der Segler von vor fünfzig Jahren lobpreisen. Die aber haben kaum damit gerechnet, heil anzukommen. Leicht übersehen wir, dass genau einer von neun Teilnehmern damals überhaupt nur das Ziel erreichte.

Beides haben die Sailing Conductors geschafft. Sie sind heil angekommen und touren von ihrer Reise berichtend durchs Land. Sie erzählen eine Geschichte, die man sehr wohl pushen darf und sollte. Denn sie handelt vom Mut, etwas unbekanntes zu wagen und inspiriert, eigene Träume wahr werden zu lassen.


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