Wofür man heute glaubt, ein größeres Boot zu brauchen…

Foto: T.Höge/segeln

Der 26. April 2005 liegt mehr als dreizehn Jahre zurück. An diesem Tag trug ich zum letzten Mal eine Armbanduhr und ich ließ damals meine Sumpfkuh zu Wasser. Sechs Meter Boot für ein halbes Jahr und eine erste Runde um die Ostsee.

Oft denke ich an diese erste lange Reise zurück und überlege, was damals den Reiz des Lebens an Bord ausmachte und was ihn heute bestimmt. – Die Antwort dreht sich meist um die Einfachheit des Lebens an Bord: Nicht viel zu brauchen und trotzdem alles zu haben. Unter Segeln zählt, außer dem Schiff und dem Akzeptieren von Wetter und Strömungen, nicht viel. Nach wenigen Tagen an Bord stellte sich ein genügsames in sich Ruhen ein. Inzwischen sind etliche Meilen dazugekommen, ich habe große Boote kennengelernt, und auch die Erkenntnis gewonnen, dass ein Leben ohne Uhr zumindest in Tidengewässern doch nicht ganz so toll ist, wie ich es mir damals vorstellte.

Mit den Jahren spielen auch Komfortgedanken eine immer größere Rolle an Bord: Duschen an Bord statt Gemeinschaftsklo im Hafen, Generator für einen Kühlschrank und vor allem für den Computer, … die Liste der Wünsche für das nächste Boot ist lang. Ein sechs Meter Boot als Heimat für mehrere Monate scheint mir inzwischen kaum noch vorstellbar.

Doch dann segelt der Pole Szymon Kuczynski mit einer 22 Fuß langen Maxus non-stop in 230 Tagen um die Welt und sein größtes Problem war, dass der Schokoladenvorrat nicht ausreichte. Grund genug, noch einmal nachzudenken, was eigentlich den Reiz den Lebens an Bord damals ausmachte: War es nicht, genau auf all das zu verzichten, wofür man heute glaubt, ein größeres Boot zu brauchen?

Jeden Monat schreibe ich im Magazin „segeln“ über Themen rund um den gebeutelten Begriff der Seemannschaft und über das Reisen unter Segeln. Dieser Text erschien in gekürzter Fassung in der Druckausgabe 7/2018. „Weilers Welt“ ist meine Sicht auf das Segeln, vielleicht siehst Du ein Thema anders oder hast eine Anmerkung dazu, dann kommentiere doch gern unten diesen Artikel oder schreibe mir eine Mail.

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